Die Geschichte des Karate

Karatedo

(japanisch = Weg der leeren Hand) wurde früher meist nur als Karate bezeichnet und ist unter dieser Bezeichnung noch heute am häufigsten geführt. Der Zusatz do wird verwendet, um den philosophischen Hintergrund der Kunst und ihre Bedeutung als Lebensweg zu unterstreichen.


Ursprünge

Karate-Do ist eine Kampfkunst, deren Ursprünge mindestens bis in die Zeit um 500 n. Chr. zurückreichen. Chinesische Mönche, die keine Waffen tragen durften, entwickelten damals im Geist des Zen-Buddhismus aus gymnastischen Übungen und Atemtechniken, die der Schulung von Geist und Körper dienten, eine spezielle Kampfkunst zur Selbstverteidigung. Wahrscheinlich gehen diese gymnastischen Übungen und Atemtechniken ihrerseits bis auf medizinische Ratschläge indischer Ärzte zur Gesunderhaltung von Körper und Geist zurück, die mit dem Buddhismus nach China kamen. Von China aus gelangte die „China-Hand“ (so der ursprüngliche Name) dann um 1920 über die südlich von Japan gelegene Inselgruppe von Okinawa bis nach Japan.

Der Zusammenhang mit der Entstehung in buddhistischen Klöstern erklärt, dass die neu entwickelte Kampfkunst von ihren Begründern zugleich als Weg („Do“; vgl. Judo oder Aikido) der Selbstfindung und Selbsterfahrung betrachtet und praktiziert wurde. Dieses umfassende Verständnis von Karate-Do als Kampfkunst stößt heute im Breitensport und bei älter werdenden Karateka („Karateübender“) wieder auf zunehmendes Interesse.


Von China nach Okinawa (Wikipedia.de)

Karate in seiner heutigen Form entwickelte sich auf der pazifischen Kette der Ryukyu-Inseln, insbesondere auf deren Hauptinsel Okinawa. Diese liegt ca. 500 Kilometer südlich der japanischen Hauptinsel Kyushu zwischen Südchinesischem Meer und Pazifik. Heute ist die Insel Okinawa ein Teil der gleichnamigen Präfektur Japans.

Bereits im 14. Jahrhundert unterhielt Okinawa, damals Zentrum des unabhängigen Inselkönigreichs Ryukyu, rege Handelskontakte zu Japan, China und Korea. Die urbanen Zentren der Insel, Naha, Shuri und Tomari waren damals ein wichtiger Umschlagplatz für Waren und boten damit ein Forum für den kulturellen Austausch mit dem chinesischen Festland.

Dadurch gelangten erste Eindrücke chinesischer Kampftechniken des Quanfa/Kempo nach Okinawa, wo sie sich mit dem einheimischen Kampfsystem des Te/De vermischten und sich so zum Tode, Okinawa-Te weiterentwickelten. Te bedeutet wörtlich soviel wie Hand, im übertragenden Sinne auch Technik bzw. Handtechnik.

Der ursprüngliche Begriff für Karate, Okinawa-Te, kann daher grob als Handtechnik aus Okinawa übersetzt werden (meint aber natürlich die verschiedenen Techniken als Ganzes).

Die wirtschaftliche Bedeutung der Inseln führte dazu, dass sie ständig von Unruhen und Aufständen heimgesucht wurde. Im Jahre 1416 gelang es schließlich König Sho Shin (auch Sho Hashi) die Inseln zu einigen. Zur Erhaltung des Friedens in der aufständischen Bevölkerung verbot er daraufhin das Tragen jeglicher Waffen. Um die einzelnen Regionen zu kontrollieren verpflichtete er sämtliche Fürsten zum dauerhaften Aufenthalt an seinen Hof in Shuri – eine Kontrollmöglichkeit, die später von den Tokugawa-Shogunen kopiert wurde. Durch das Waffenverbot erfreute sich die waffenlose Kampfkunst des Okinawa-Te erstmals wachsender Beliebtheit und viele ihrer Meister reisten nach China um sich dort durch das Training des chinesischen Chuan-Fa/Quan Fa fortzubilden.

1609 besetzte der japanische Satsuma-Clan die Inselkette und deren Statthalter auf Okinawa, Shimazu, verschärfte das Waffenverbot dahingehend, dass sogar der Besitz jeglicher Waffen, selbst Zeremonienwaffen, unter schwere Strafe gestellt wurde. Dieses Waffenverbot wurde als Katanagari bezeichnet, was soviel wie „Jagd nach Schwertern“ bedeutet. Schwerter, Dolche, Messer und jegliche Klingenwerkzeuge wurden systematisch eingesammelt. Dies ging sogar soweit, dass einem Dorf nur ein Küchenmesser zugestanden wurde, das mit einem Seil an den Dorfbrunnen (oder an einer anderen zentralen Stelle) befestigt und streng bewacht wurde. Das verschärfte Waffenverbot sollte Unruhen und bewaffnete Widerstände gegen die neuen Machthaber unterbinden. Jedoch hatten japanische Samurai das Recht der sog. „Schwertprobe“, dem zu Folge sie die Schärfe ihrer Schwertklinge an Leichen, Verwundeten oder auch willkürlich an einem Bauern erproben konnten, was auch vorkam. Die Annexion führte somit zu einer gesteigerten Notwendigkeit zur Selbstverteidigung, zumal damals auf dem feudalen Okinawa Polizeiwesen und Rechtschutz fehlten, die den einzelnen vor solchen Eingriffen schützen könnten.

Der Mangel an staatlichen Rechtsschutzinstutionen und die gesteigerte Wehrnotwendigkeit vor Willkürakten der neuen Machthaber begründeten also einen Intensivierungs- und Subtilisierungsprozess des Te (= Kampfsystem) zum Karate (= Kampfkunst).

Ungefähr zwanzig Jahre dauerte es, bis sich die großen Meister des Okinawa-Te zu einem geheimen oppositionellen Bund zusammen schlossen und festlegten, dass Okinawa-Te nur noch im Geheimen an ausgesuchte Personen weitergegeben werden sollte.

Währenddessen entwickelte sich in der bäuerlich geprägten Bevölkerung das Kobudo, das Werkzeuge und Alltagsgegenstände mit seinen speziellen Techniken zu Waffen verwandelte. Dabei gingen spirituelle, mentale und gesundheitliche Aspekte, wie sie im Chuan-Fa gelehrt wurden, verloren. Auf Effizienz ausgelegt, wurden Techniken, die unnötiges Risiko bargen, wie beispielsweise Fußtritte im Kopfbereich, nicht trainiert. So lässt sich in diesem Zusammenhang von einer darwinistischen Auslese der Techniken sprechen. Kobudo und seine aus Alltagsgegenständen und Werkzeugen hergestellten Waffen konnten schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht verboten werden, da sie für die Versorgung der Bevölkerung sowie der Besatzer schlicht notwendig waren. Allerdings war es sehr schwer mit diesen Waffen einem ausgebildeten und gut bewaffneten Krieger im Kampf gegenüberzutreten. Deshalb entwickelte sich in Okinawa-Te und Kobudo, die damals noch eng miteinander verknüpft gelehrt wurden, die Maxime möglichst nicht getroffen zu werden und gleichzeitig die wenigen Gelegenheiten, die sich boten zu nutzen, den Gegner mit einem einzigen Schlag zu töten. Dieses für das Karate spezifische Prinzip heißt Ikken hissatsu. Die darwinistische Auslese von möglichst effizienten Kampftechniken und das Ikken-Hissatsu-Prinzip brachten dem Karate den ungerechtfertigten Ruf ein, ein aggresives Kampfsystem, ja sogar die „Härteste aller Kampfsportarten“, zu sein.

Einige erstaunlich hohe Fußtechniken scheinen einen speziellen Hintergrund zu haben. Wenn ein berittener Krieger in ein Dorf ritt, war es für einen fortgeschrittenen Karateka möglich, im richtigen Augenblick über eine Holzrampe zu laufen und den Ritter vom Pferd zu treten (Yoko Tobi Geri). Die Wahrscheinlichkeit, dass solch ein Angriff glückte war zwar sehr klein, aber immerhin eine Chance in einem ansonsten wenig aussichtsreichen Kampf.

Die tödliche Wirkung dieser Kampfkunst führte dazu, dass die japanischen Besatzer erneut das Verbot ausdehnten, und das Lehren von Okinawa-Te ebenfalls unter drakonische Strafe stellten. Allerdings wurde es weiterhin im Geheimen unterrichtet. Damit wurde die Kenntnis des Te für lange Zeit auf kleine elitäre Schulen oder einzelne Familien beschränkt, da die Möglichkeit zum Studium der Kampfkünste auf dem chinesischen Festland nur wenigen begüterten Bürgern zur Verfügung stand.


20. Jahrhundert (Wikipedia.de)

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Karate stets im Geheimen geübt und ausschließlich von Meister zu Schüler weitergegeben. Während der Meiji-Restauration wurde Okinawa im Jahre 1875 offiziell zu einer japanischen Präfektur erklärt. In dieser Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, in der sich die okinawanische Bevölkerung den japanischen Lebensgewohnheiten anpasste und Japan sich nach jahrhundertelanger Isolierung wieder der Welt öffnete, begann Karate wieder stärker in die Öffentlichkeit zu drängen.

Der Kommissar für Erziehung in der Präfektur Okinawa, Ogawa Shintaro, wurde 1890 während der Musterung junger Männer für den Wehrdienst auf die besonders gute körperliche Verfassung einer Gruppe junger Männer aufmerksam. Diese gaben an, auf der Jinjo Koto Shogakko (Jinjo Koto Grundschule) im Karate unterrichtet zu werden. Daraufhin beauftragte die Lokalregierung den Meister Yasutsune Itosu damit, einen Lehrplan zu erstellen, der unter anderem einfache und grundlegende Kata (Pinan oder Heian) enthielt, aus denen er Taktik und Methodik des Kämpfens weitgehend entfernte und den gesundheitlichen Aspekt wie Haltung, Beweglichkeit, Gelenkigkeit, Atmung, Spannung und Entspannung in den Vordergrund stellte. Karate wurde dann 1902 offiziell Schulsport auf Okinawa. Dieses einschneidende Ereignis in der Entwicklung des Karate markiert den Punkt, an dem das Erlernen und Üben der Kampftechnik nicht mehr länger nur der Selbstverteidigung diente, sondern auch als eine Art Leibesertüchtigung angesehen wurde.

Nach Beginn des Jahres 1900 erfolgte von Okinawa aus eine Auswanderungswelle nach Hawaii. Dadurch kam Karate erstmals in die USA, die Hawaii 1898 annektiert hatten.


Gichin Funakoshi, ein Schüler der Meister Yasutsune Itosu und Anko Asato, tat sich bei der Reform des Karate besonders hervor. Auf der Grundlage des Shorin-Ryu (auch Shuri-Te nach der Ursprungsstadt) und des Shorei-Ryu (Naha-Te) begann er Karate zu systematisieren. Er verstand es neben der reinen körperlichen Ertüchtigung auch als Mittel zur Charakterbildung.

 


Neben den genannten drei Meistern war Kanryo Higashionna ein weiterer einflussreicher Reformer. Sein Stil integrierte weiche, ausweichende Defensivtechniken und harte, direkte Kontertechniken. Seine Schüler Chojun Miyagi und Kenwa Mabuni entwickelten auf dieser Basis die eigenen Stilrichtungen Goju-Ryu bzw. Shito-Ryu, die später große Verbreitung finden sollten.

In den Jahren von 1906 bis 1915 bereiste Funakoshi mit einer Auswahl seiner besten Schüler ganz Okinawa und hielt öffentliche Karate-Vorführungen ab. In den darauffolgenden Jahren wurde der damalige Kronprinz und spätere Kaiser Hirohito Zeuge einer solchen Aufführung und lud Funakoshi, der bereits Präsident einer okinawanischen Kampfkunstvereinigung war, ein, bei einer nationalen Budo-Veranstaltung 1922 in Tokyo sein Karate in einem Vortrag zu präsentieren. Dieser Vortrag erfuhr großes Interesse und Funakoshi wurde eingeladen, seine Kunst im Kodokan praktisch vorzuführen. Die begeisterten Zuschauer, allen voran der Begründer des Judo, Jigoro Kano, überredeten Funakoshi am Kodokan zu bleiben und zu lehren. Zwei Jahre später, 1924, gründete Funakoshi sein erstes Dojo.

Über die Schulen kam Karate auch bald zur sportlichen Ertüchtigung an die Universitäten, wo damals zum Zwecke der militärischen Ausbildung bereits Judo und Kendo gelehrt wurden. Diese Entwicklung, die die okinawanischen Meister zur Verbreitung des Karate billigend in Kauf nehmen mussten, führte zur Anerkennung von Karate als „nationale Kampfkunst“ und war damit endgültig japanisiert.

Nach dem Vorbild des bereits im Judo etablierten Systems wurde im Laufe der dreißiger Jahre dann der Kimono oder Karate-Gi sowie die hierarchische Einteilung in Schüler- und Meistergrade, erkennbar an Gürtelfarben, im Karate eingeführt; mit der auch politisch motivierten Absicht eine stärkere Gruppenidentität und hierarchische Struktur zu etablieren.

Gichin Funakoshi lehrte zuerst an Universitäten, dann auch im Kodokan, der Hochburg des Judos, und gründete 1936 die Karate-Stilart Shotokan. 1955 wurde die Japan Karate Association mit Funakoshi als Chefausbilder ins Leben gerufen.

1957 veranstaltete der Verband die erste alljapanische Karatemeisterschaft.

Aufgrund seiner Bemühungen wurde daraufhin Karate an der Shoka-Universität, der Takushoku-Universität, der Waseda-Universität und an der Japanischen Medizinischen Hochschule eingeführt. Das erste offizielle Buch über Karate wurde von Gichin Funakoshi unter dem Namen Ryu Kyu Kempo Karate im Jahre 1922 veröffentlicht. Es folgte 1925 die überarbeitete Version Rentan Goshin Karate Jutsu. Sein Hauptwerk erschien unter dem Titel Karate Do Kyohan 1935 (diese Version wurde 1958 noch einmal um die karatespezifischen Entwicklungen der letzten 25 Jahre erweitert). Sein Hauptwerk erschien unter dem Namen Karate-do Ichi-ro (Karate-do – mein Weg), in dem er sein Leben mit Karate schildert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde durch Funakoshis Beziehungen zum Ausbildungsministerium, Karate als Leibeserziehung, und nicht als kriegerische Kunst eingestuft, was es ermöglichte, Karate auch nach dem Zweiten Weltkrieg zur Zeit der Besatzung in Japan zu lehren.

Über Hawaii sowie die amerikanische Besatzung Japans und insbesondere Okinawas fand Karate im Laufe der fünfziger und sechziger Jahre als Sportart zunächst in den USA und dann auch in Europa eine immer stärkere Verbreitung.

Aus der nach Funakoshi bzw. dessen schriftstellerischen Pseudonym Shoto benannten Schule Shotokan ging die erste international agierende Karate Organisation, die JKA hervor, die noch heute einer der einflussreichsten Karateverbände der Welt ist. Funakoshi und die übrigen alten Meister lehnten die Institutionalisierung und Versportlichung sowie die damit einhergehende Aufspaltung in verschiedene Stilrichtungen gänzlich ab.

1954 gründete Henry Plee in Paris das erste europäische Budo-Dojo. Ein Deutscher Judoka namens Jürgen Seydel kam auf einem Judo-Lehrgang in Frankreich erstmals in Kontakt mit Karate beim Meister Murakami, den er begeistert einlud auch in Deutschland zu lehren. Aus den Teilnehmern dieser Lehrgänge, entwickelte sich zunächst innerhalb der Judo-Verbände eine Unterorganisation, die Karate lehrte und aus der schließlich im Jahre 1961 der erste Deutschen Dachverband der Karateka, der Deutsche Karate Bund hervorging.

Der erste Karateverein in Deutschland wurde 1957 von dem Karate-Pionier Jürgen Seydel unter dem Namen Budokan Bad Homburg in Bad Homburg gegründet. Die größte Ausbreitung des Karate in Deutschland erfuhren die Organisationen in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren in denen der Deutsche Karate Verband (DKV) die Karatetreibenden jeglicher Stilrichtung als Dachorganisation verband.


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Karate Shotokan Japan


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